In Ballungszentren wie Köln leben und arbeiten viele Menschen. Dadurch ist für Naturschutz oft nicht genügend Platz.
Ein wichtiger Punkt, wie auch in Großstädten ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden kann, ist die Verkehrswende. Dadurch sollen die Menschen klimafreundlicher von A nach B kommen.
Aber wie kann so eine Verkehrswende aussehen? Was muss dabei berücksichtigt werden? Wo sind die Probleme und wie gut stehen die Chancen, dass es zu dieser Verkehrswende auch tatsächlich kommt?
Diesbezüglich haben wir ein Interview mit der kölnischen Lokalgruppe des globalisierungskritischen Netzwerks Attac durchgeführt.
Attac macht mit kreativen Protesten auf verschiedene Probleme, auch im Bereich Klimaschutz, aufmerksam.
Mehr dazu im Interview, viel Spaß beim Lesen!
Vielen Dank für die Bereitschaft zu diesem Interview. Bitte stellen Sie sich und Attac-Köln vor.
Attac in Köln ist eine Lokalgruppe des globalisierungskritischen Netzwerks Attac, dass 2000 in Deutschland gegründet wurde.
Attac Deutschland hat knapp 30.000 Fördermitglieder, Attac-Köln ca. 700.
Wir beschäftigen uns mit Verkehrspolitik, Mietenwahnsinn, RWE und Kohlewahn, Wachstumsirrsinn, Bildung, gerechten Welthandel, Antifaschismus, Abrüstung und natürlich globaler Solidarität; gelebt mit rheinischem Frohsinn.
Wie kam es zur Gründung?
Als sich Attac in Deutschland gründete, fanden sich auch in Köln einige Menschen zusammen, die dann eine Lokalgruppe gründeten. Zuerst ging es bei Attac „nur“ um die Einführung der sog. Tobin-Steuer (Finanztransaktionssteuer).
Heute ist Attac – wie oben erwähnt – breiter aufgestellt.
Wo sehen Sie Attac in 10 Jahren?
Wir hoffen auch in 10 Jahren noch aktiv zu sein und dass dann einige der dringend notwendigen Veränderungen bewältigt worden sind.
Schwerpunkt ist seit einiger Zeit die sozial-ökologische Transformation. Beispielsweise soll spätestens 2030 der Ausstieg aus der Braunkohle geschafft sein.
Welche aktuellen Themen beschäftigen Sie in Köln?
Wir haben uns bei der Gründung des Bündnisses Verkehrswende Köln Anfang 2018 beteiligt und arbeiten seitdem aktiv dort mit, ebenso im Kölner Bündnis für gerechten Welthandel. Wir haben einen aktiven Arbeitskreis zum Thema Bildung, beschäftigen uns intensiv mit geplanten Veränderungen unseres Energieversorgers RheinEnergie, außerdem unterstützen wir den Kampf gegen den Mietenwahnsinn usw.
Welches sind in Ihren Augen die wichtigsten nächsten Schritte, um die Verkehrswende in Köln voranzubringen? Wie soll diese Verkehrswende in Köln umgesetzt werden?
Die wichtigsten ersten Schritte: Tempolimit 30 km/h in der ganzen Stadt, Stopp aller Autobahn- und Straßenausbauprojekte in Köln sowie der Stopp aller U-Bahn-Projekte.
Straßenausbau und U-Bahn-Projekte führen zu noch mehr Autoverkehr.
Bis 2030 darf der MIV (Motorisierter Individualverkehr) jedoch nur noch max. 10% betragen, um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 zu erreichen.
Einer neuen Studie von Berlin zur Folge, verursacht 1 Normkilometer U-Bahn-Bau 98.800 Tonnen CO2-Emissionen.
Die Gelder müssen für den netzförmigen Ausbau des ÖPNV sowie für großzügige und durchgängige Fahrrad- und Fußwege eingesetzt werden.
Allein die Gelder für die Subventionierung von Dieselfahrzeugen und die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs würden ausreichen, um in Deutschland den Nulltarif für den ÖPNV einzuführen.
Welche Ziele habt ihr bezüglich Verkehrswende/Klimawandel bisher erreicht?
Durch Bündnispolitik konnten wir bisher den Beschluss zum Bau des Straßenbahntunnels auf der Ost-West-Achse vom Heumarkt bis zum Aachener Weiher verhindern.
Dieser sollte Ende 2017 im Kölner Stadtrat gefasst werden. Eine Ratsmehrheit dafür war gegeben. Aufgrund des öffentlichen Drucks hat man/frau sich dies jedoch (noch) nicht getraut.
Es wurde der weitere Ausbau von Fahrradwegen und Fußwegen erreicht. Aber leider noch nicht genug.
Der Anschluss an das Schienennetz aller größeren Siedlungsbereiche in Stadtrandbereichen wurde vorangetrieben.
Ein Bürgerbegehren wurde gestartet mit dem Ziel, dass die Rheinenergie AG und deren Tochterunternehmen spätestens ab 2030 nur Strom aus erneuerbaren Energien liefern.
Was meint ihr: Werden Bürgerinnen und Bürger in 15 Jahren noch in einem Auto mit Diesel- oder Benzinantrieb sitzen oder wird eine andere Antriebstechnik das Maß aller Dinge sein?
In 15 Jahren wird es keinen Diesel- oder Benzinantrieb mehr geben. Aber eine Änderung der Antriebsart wird das Klimaproblem nicht lösen. Die Klimabilanz eines E-Fahrzeugs ist weltweit betrachtet nicht besser als die der herkömmlichen Antriebe.
Die Rohstoffe wie z.B. Lithium und Kobalt werden in anderen Ländern zu meist unzumutbaren Arbeitsbedingungen gefördert. Die CO2-Emissionen, die bei uns durch den elektrischen Antrieb gespart werden, werden durch Umweltschäden in anderen Ländern oft sogar überkompensiert. Die Entsorgung der Batterien ist auch noch nicht gelöst.
Eine nachhaltige Stromversorgung wird für die weltweite Anzahl an Fahrzeugen nicht möglich sein. Ein wirklich radikaler Rückgang des MIV ist unabdingbar, um die Klimakatastrophe noch verhindern zu können.
Wie beurteilen Sie die jetzige politische Lage im Bezug auf den Klimaschutz/Verkehrswende?
Schwierig: Einerseits ist da in der Bevölkerung ein großes Bewusstsein über die dringenden Themen vorhanden, die Politik setzt jedoch faktisch (allen Beteuerungen zum Trotz) auf ein weiter so. Sie lässt sich da leider von den Interessen der Wirtschaftsmächtigen und der Konzerne leiten.
Ein gutes Beispiel ist das sog. Kohleausstiegsgesetz. Klimapolitisch ist die Alarmstufe auf rot! Der Kohleausstieg ist bis 2030 oder sogar früher bitter nötig und möglich. (Anmerkung der Redaktion: Das Kohleausstiegsgesetz sieht eine Frist bis 2038 vor.)
Haben Sie Tipps oder Empfehlungen, wie man auch im privaten Bereich einen Beitrag zum Klimaschutz/Verkehrswende leisten kann? Welche Möglichkeiten gibt es, Attac-Köln zu unterstützen?
Individuelles Handeln in diesen Bereichen ist sehr wichtig, z.B. der Umstieg vom Auto auf ÖPNV und Fahrrad.
Auch der Verzicht auf Fleisch leistet einen Beitrag zum Klimaschutz.
Jedoch wird es ohne Veränderungen der Politik nicht gehen. Die Politik reagiert leider (fast) nur auf den Druck von außen und dann oft nur halbherzig oder, wie die Forderungen und Demonstrationen von FFF und das sog. Kohleausstiegsgesetz zeigen, völlig unzureichend.
Im Einzelfall können auch Bürgerbegehren zum Ziel führen. Diese kann jede/r Einzelnen in Gang setzen.
Bei Attac kann jede/r mitmachen, es ist keine Mitgliedschaft notwendig. Es ist möglich, eigene Themen und Schwerpunkte zu setzen und mit Interessenten Arbeitskreise zu gründen.
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